• Widerspruchslösung als gesetzliche Regelung der Organspende einführen

    Dr. med. Günther Matheis: Leiden und Tod von Menschen könnte verhindert werden
    03.Mai 2024
    Die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz unterstützt die Widerspruchslösung als gesetzliche Regelung der Organspende im deutschen Transplantationsrecht. Denn trotz jahrelanger intensiver Bemühungen und Aufklärungsarbeit stagnieren die Organspendezahlen auf niedrigem Niveau. Im Gegensatz dazu ist der Bedarf an Spenderorganen gleichbleibend hoch. Viele Patienten warten vergebens auf eine lebensrettende Spende und versterben. Das Leiden und der Tod dieser Menschen könnten verhindert werden.

    Konträr zu den niedrigen Spenderzahlen ist es umso erstaunlicher, dass die generelle Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende nach Angaben von Statista positiv und tendenziell hoch ist. Dies liegt auch daran, dass der Wille des Einzelnen weder dokumentiert noch eindeutig gegenüber den Angehörigen kommuniziert worden ist.

    Die Familienmitglieder sind jedoch im Entscheidungsfall zumeist diejenigen, die stellvertretend für den Spender eine Entscheidung treffen müssen. Aus dieser generell emotional belastenden Situation, der Unkenntnis des Patientenwillens sowie auch vorhandener Uneinigkeit innerhalb der betroffenen Familien resultiert regelhaft eine Ablehnung der Spende.

    Die Widerspruchlösung stellt eine nachhaltige Möglichkeit dar, die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen. Alle Menschen gelten dadurch als spenderbereit, außer, sie haben im Vorfeld einer Organspende widersprochen. Eine solche gesetzliche Regelung führt zwangsläufig dazu, dass sich jeder einzelne mit seinen individuellen Werten und Wünschen auseinandersetzen muss, um eine zu tiefst persönliche und weitreichende Entscheidung treffen zu können.

    Zur Willensbildung ist es zwangsläufig notwendig, dass sich jeder mit dem Thema und den Hintergründen aktiv auseinandersetzt und final den individuellen Willen unzweifelhaft dokumentiert. Die Widerspruchsregelung führt so zwangsläufig zum aufgeklärten und mündigen Bürger. Diese gesetzliche Regelung stellt somit keinen Eingriff des Staates in die Selbstbestimmung des Einzelnen da.

    Auch werden die individuellen Rechte und die Autonomie des Einzelnen nicht verletzt, wie Kritiker behaupten. Die Not der auf der Warteliste stehenden Mitmenschen wird wieder vermehrt in das Bewusstsein jedes einzelnen gerückt. Durch die Dokumentation des individuellen Willens werden die Angehörigen in Ausnahmesituationen entlastet und keiner moralischen und zwischenmenschlichen Überforderungssituationen mehr ausgesetzt.

    Deutschland ist als Partner von Eurotransplant zum überwiegend größten Teil Organempfänger aus dem europäischen Ausland. Wir bekommen mehr, als wir anbieten. Auch unter dem Aspekt der Solidarität muss kritisch hinterfragt werden, warum Deutschland als einziges Land der Eurotransplant-Gemeinschaft die Widerspruchsregelung bisher nicht eingeführt hat.

    Die Widerspruchsregelung ist ein gangbarer Weg, um die prinzipiell hohe Spenderbereitschaft der Bevölkerung auch praktisch umzusetzen und die Solidarität innerhalb der Gesellschaft zu stärken. Letztendlich wird somit nachhaltig Leben gerettet. Die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz befürwortet die Einführung der Widerspruchsregelung. Sie stellt einen entscheidenden Schritt für mehr Organspenden dar.